Antwortschreiben der Sächsischen Staatskanzlei von 01.02.2000
Sehr geehrter Herr Nuck,

haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben vom 10. Januar 2000 an Ministerpräsident Biedenkopf, in dem Sie die in Rede stehende Schließung sorbischer Mittelschulen thematisieren und auf eine Sonderlösung für sorbische Schulen drängen.
Ich wurde beauftragt Ihnen zu antworten.
Zur Beantwortung der Frage, ob ein Schulstandort aufzuheben ist, muß das Nichtbestehen des öffentlichen Bedürfnisses festgestellt werden. Diese Feststellung erfolgt auf Grund gesicherter Prognosen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der Schülerzahlen. Im Fall der von Ihnen angesprochenen Schulen werden die vom SMK vorgegebenen Richtwerte eindeutig nicht erreicht. Selbstverständlich steht es dem Schulträger frei, einen Schulstandort auch dann fortzuführen, wenn ein öffentliches Bedürfnis nicht mehr besteht. In diesem Fall hat er für die finanziellen Folgen einzustehen. Auf Grund der speziellen Situation des Sorbischen Volkes und den Verpflichtungen des Landes gegenüber dieser Bevölkerungsgruppe steht es außer Frage, dass in diesem Fall besondere Maßstäbe anzulegen sind. Gleichwohl ist es bei mittelfristig zu erwartenden 50 bis 60 Mittelschülern pro Klassenstufe innerhalb des Verwaltungsverbandes Klosterwassers nicht möglich, vier Mittelschulen zu unterhalten. Dies gilt umso mehr, als ab Klassenstufe 7 noch in Haupt- und Realschulbildungsgang differenziert werden muss und mindestens zwei Wahlpflichtfächer zur Auswahl stehen sollen. Deshalb kann man aber nicht davon sprechen, dass die Ausbildung junger Sorben in Ihrer Sprache gefährdet ist. Schon gar nicht kann man davon sprechen, dass das Land eine "Totengräberfunktion" übernimmt. Eine solche Feststellung ist angesichts der vielfältigen Bemühungen der Staatsregierung, die Förderung sorbischer Einrichtungen durch die Stiftung für das Sorbische Volk zu sichern – z.B. auch gegenüber der Bundesregierung – vollkommen an den Realitäten vorbei. Wie Ministerpräsident Professor Biedenkopf in seiner Regierungserklärung bereits deutlich gemacht hat, ist sich die Staatsregierung durchaus der Tatsache bewusst, dass im Bereich der Schulen noch Nachholebedarf besteht, und sie ist bestrebt, dieser Tatsache auch bei der Aufstellung des neuen Staatshaushalts Rechnung zu tragen. Ein modernes und leistungsfähiges Schulwesen kann aber nur gewährleistet werden, wenn landesweit darauf geachtet wird, dass die Schulen von ihrer Auslastung her sowohl aus finanziellen als auch pädagogischen Gesichtspunkten gewisse Mindestgrößen erreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Axel John
Referatsleiter

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